
Sas Pordoi / Dibona Führe (unterer Teil) (IV-) Sellagruppe / Südtirol (IT)
- Details
- Hauptkategorie: Mehrseillängen
- Land: Italien
- Erstellt am Sonntag, 14. August 2016 14:56
- Geschrieben von Andreas
Blickt man vom Sellapass kommend auf die mächtige Westwand des Sas Pordoi, glaubt man kaum, dass durch die sehr steil und abweisend wirkende, hohe Wand eine leichte Route führt. Zu glatt und strukturlos erscheint sie aus diesem Blickwinkel. Doch Angelo Dibona, der zu den besten Kletterern seiner Zeit gezählt wird, suchte sich bei der 1910 erfolgten Erstbegehung geschickt den eleganten Weg des geringsten Widerstands über Rampen, Bänder und Verschneidungen. Somit bleibt die Kletterei durch den etwa 500m hohen Wandteil weitestgehend im 3. UIAA Grad und erreicht nur in zwei Seillängen den unteren 4. Grad. Zwischenpassagen sind natürlich deutlich leichter. Dennoch wird die Kletterei niemals langweilig. Dies liegt u.a. daran, dass der Charakter der Route sehr abwechslungsreich ist. Am stärksten in Erinnerung bleiben werden sicher die lange, tolle Rissverschneidung der 10. und die Platte der 11. Seillänge, die auch die höchsten Schwierigkeiten bieten. Darüber hinaus ist der Abenteuercharakter prägend. Denn vor allem in den einfacheren Passagen sind kaum Haken vorhanden, in einigen Seillängen überhaupt keine. Der logischste, einfachste Weg muss auch mal über längere Strecken hinweg selbst gefunden werden, was etwas Intuition erfordert. Auch die Standplätze müssen zumindest in den letzten Seillängen selbst eingerichtet werden. In vielen Seillängen sind diese aber als einzementierte Ringe vorhanden.
Insgesamt eine sehr lohnende Unternehmung, die auf 565m Kletterstrecke und ca. 15 Seillängen dem abenteuerlustigen, alpin erfahrenen Genusskletterer viel zu bieten hat.
Der Zustieg erfolgt in ca. 45 min. vom Rifugio Pian Schiaveneis, welches auf der Passstraße von Canazei zum Sellapass, kurz nach der Abzweigung zum Pordoipass liegt. Es liegt direkt unter der Westwand des Sas Pordoi und man hat von dort und während des Zustiegs einen guten Blick auf den Routenverlauf.
Der untere Teil der Dibona Führe endet auf dem großen Schuttband, welches die Sockelwand auf ca. zwei Drittel der Gesamthöhe vom Gipfelaufbau trennt. Von hier hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man hängt noch die hier nicht beschriebenen 8 Seillängen des oberen Teils der Dibona Führe dran, was weitere 270m Kletterstrecke, überwiegend in Kaminkletterei, verspricht. Oder man quert auf dem Schuttband nach rechts raus und gelangt so, vorbei am Südpfeiler des Sas Pordoi, zum Weg der vom Pordoipass über die Pordoischarte zum Gipfel führt. Diesen steigt man zum Pordoipass ab. Dafür sollte etwa eine Stunde kalkuliert werden. Hat man den oberen Teil der Kletterführe noch rangehängt gibt es erneut zwei Möglichkeiten. Bequem mit der Gondelbahn zum Pass hinunter fahren, oder zu Fuß über den bereits erwähnten Weg absteigen. Zwischen Pordoipass und Sellapass verkehren regelmäßig Busverbindungen. Mit diesen kann man schnell und günstig zurück zum am Rifugio Pian Schiaveneis geparkten Auto gelangen. Alternativ zu Fuß, was ca. eine weitere Stunde in Anspruch nimmt.
Parkplatz Pian Schiaveneis: 1850m / Einstieg: ca. 2200m / Großes Schuttband: 2710m / Gipfel: 2950m / Pordoipass: 2239m
Gestein
Dolomit
Absicherung/Material
Die Absicherung muss in diesem Weg auf weiten Strecken selbst organisiert oder zumindest ergänzt werden. Haken unterschiedlicher Qualität stecken meist in großen bis sehr großen Abständen. In einigen Seillängen fehlen diese gänzlich. Standplätze sind oft als einzementierte Ringe vorhanden. Zum Teil müssen allerdings auch die Standplätze eigenständig eingerichtet werden, z.B. an Felsköpfen.
Neben Halbseil, Helm, Schuhwerk für den Abstieg und üblicher alpiner Kletterausrüstung, sind daher diverse Schlingen sowie ein umfassendes Set mobiler Sicherungen notwendig.
Bilder
Kletterführer/Topo
Mauro Bernardi: Klettern in Gröden und Umgebung – Die schönsten Routen in den Dolomiten (Band 1). Athesia Verlag. 5. überarbeitete Auflage 2012.